Bienenbiologie etwas anders – Teil III.

Bei der Arbeit mit einem Elektronenmikroskop sind mir an Kopf und Hinterleib der Honigbienen Öffnungen aufgefallen, die möglicherweise – oder auch nicht – in direktem Zusammenhang mit dem thermoregulatorischen System der Bienen stehen könnten. Dabei handelt es sich bisher nur um meine eigene Vermutung, die auf meinem Wissen über das Leben und die Biologie der Honigbiene beruht. Das Entdecken dieser Öffnungen überraschte mich sehr, noch erstaunter war ich jedoch, dass ich dazu keinerlei Informationen in der vorhandenen Imker-Fachliteratur gefunden habe. Über jegliche Hinweise bezüglich ihrer möglichen Funktion wäre ich daher sehr dankbar.

Jindřich Zejda

Von den Bienen der Gattung Apis besitzt die Honigbiene (Apis mellifera) das am weitesten entwickelte thermoregulatorische Verhalten. Ihre komplexe soziale Struktur ermöglicht ihr eine effiziente Temperaturregelung und gewährleistet so eine konstante Innentemperatur im Bienenstock sowohl bei extremer Kälte als auch bei großer Hitze. Darin unterscheidet sie sich von tropischen Arten, wie etwa der Riesenhonigbiene (Apis dorsata) oder der Kliffhonigbiene (Apis laboriosa), die im südostasiatischen Raum vorkommen. Diese Bienenarten errichten frei sichtbare, bis zu einem Meter große Waben, meist an unzugänglichen Stellen, etwa auf steilen Felsvorsprüngen oder an Ästen großer Bäume. Um Temperaturschwankungen sowie Wettereinflüsse, denen ihre Brut ausgesetzt ist, auszugleichen, bedecken zahlreiche Arbeiterinnen dicht an dicht den gesamten Wabenflächenbereich und bilden so mit ihren Körpern eine Schutzschicht. Wird es auf dieser Brutfläche zu warm, schaffen sie Platz und erzeugen mit schnellem Flügelschlagen einen kühlenden Luftzug. Sinkt dagegen die Temperatur, drücken sie sich eng aneinander, um mit dem Stoffwechsel ihres Körpers Wärme zu produzieren. Jedoch beansprucht diese thermoregulierende Tätigkeit zwischen 80 % und bei extrem kalten Bedingungen sogar weit über 90 % der Arbeiterinnen, die in dieser Zeit keiner anderen nützlichen Tätigkeit nachgehen können.

Die Honigbiene Apis mellifera hingegen hat begonnen, ihre Nester in geschlossenen Räumen anzulegen, zum Beispiel in Baumhöhlen, und ist so vollständig an die Bedingungen gemäßigter Klimazonen angepasst. Dadurch wurde sie unabhängig von dem konstant warmen tropischen Klima. Durch die geschützte Lage des Bienenstockes sind viel weniger Bienen zur aktiven Temperaturregulation notwendig. Diese eingesparten Arbeiterinnen haben jetzt Kapazitäten für andere soziale Arbeiten innerhalb des Bienenvolkes.

Heizerbienen

Wie erzeugen Bienen eigentlich Wärme? Dafür verwenden sie die kräftige Brustmuskulatur, die fast den ganzen Thorax ausfüllt. In der Biene befinden sich sowohl Längs- als auch Quermuskeln, welche zwei Funktionen erfüllen. Zum einen dienen sie zur Bewegung der Flügel und damit zum Fliegen, andererseits produzieren die Bienen durch Muskelzucken Wärme, sobald sie ihre Flügel unbeweglich fixieren („auskuppeln“). Die entstehende Wärme wird genutzt, um im Inneren des Stockes oder im Winter in der Wintertraube eine konstante Temperatur aufrechtzuerhalten. Besonders empfindlich auf Temperaturschwankungen reagieren die Brutflächen, wo die Temperatur streng zwischen 34,5 und 35,5 °C gehalten wird. Daher befinden sich Brutflächen stets zentral im Nestbereich, wo die Temperatur am stabilsten ist. Bei Unterkühlung beginnen Heizerbienen damit, die Brutflächen mit ihrem Körper zu wärmen. Diese Heiz-Arbeiterinnen lehnen sich eng mit ihrem Brustkorb gegen die Brutdeckel der Zellen, deren Durchmesser exakt dem Brustkorbdurchmesser der Biene entspricht. Dabei verweilen sie völlig unbeweglich bis zu 30 Minuten. Lediglich mit ihren Antennen tasten diese Bienen kontinuierlich die Zelldeckel ab, um die daraus resultierende Brut-Temperatur zu kontrollieren. Die Körpertemperatur einer Heizbiene kann während der Wärmeproduktion teilweise bis über 43 °C erreichen. So beheizt sie gezielt einzelne Brutzellen. Eine weitere Variante dieser Heizstrategie besteht darin, dass Bienen ihren Brustkörper tief in dafür vorgesehene leere Wabenzellen stecken, die zu diesem Zweck verstreut auf der Brutfläche frei von Brut blieben. Bei gesunden Bienenvölkern liegt der an Zellen frei gehaltene Anteil zwischen 5 und 10 % aller verdeckelten Brutwaben und ist abhängig von den äußeren klimatischen Bedingungen.

Wenn der Anteil leerer Zellen allerdings mehr als 20 Prozent übersteigt, deutet dies auf potenzielle Probleme hin, beispielsweise Krankheiten im Volk oder eine schlecht legende Königin. Die Heizbienen sitzen in diesen speziellen Zellen kopfüber, wobei man von oben meist nur die Spitze ihres Hinterleibs sieht, der sich schnell bewegt. Das Wärmen geschieht nicht kontinuierlich, sondern in Intervallen. Sobald etwa 43 °C erreicht sind, pausieren sie die Erwärmung bis die Temperatur um ca. 5 °C wieder sinkt. Danach heizen sie erneut mit voller Energie. So werden benachbarte Brutzellen effektiv erwärmt. Zugleich drängen sich übrige Bienen, welche gerade nicht wärmen, eng an die Brutwabe, um keinen Wärmeverlust zuzulassen.

Öffnungen am Kopfbereich der Honigbiene

Die tatsächliche Funktion dieser Öffnungen auf dem Kopf der Bienen ist bis heute nicht geklärt. Sie könnten zur Verstärkung der Kopfstruktur dienen oder sie sind tatsächlich mit dem Thermoregulationsmechanismus verbunden. Der Blutkreislauf einer Biene ist offen, und ihre Hämolymphe wird von einem herzähnlichen Organ am oberen Bereich des Hinterleibs durch eine dorsale Aorta Richtung Kopf gepumpt. Diese Flüssigkeit gelangt dabei auch durch den Thorax – den wärmsten Körperteil während des Fluges, wo sie möglicherweise enorm aufgeheizt wird. Somit könnte eine Überhitzung wichtiger Nervenzentren, besonders der Hirnregion, entstehen. Die nun entdeckten Kopföffnungen könnten möglicherweise als Kühlsystem fungieren und die Hämolymphe abkühlen. Das ist allerdings nur eine Vermutung meinerseits, speziell da Bienen während des Fluges unter anderem bereits bekannte Kühlvorgänge ausführen, etwa die Kühlung über aus dem Honigmagen ausgespuckten Nektar, der durch Verdunstungskühlung ihre eigene Temperatur senkt.

Zur Vollständigkeit sei noch erwähnt, dass Honigbienen ihr Nest und Brutflächen bei Überhitzen mit Wasser kühlen. Die Arbeiterinnen versprühen mitgebrachte Wassertröpfchen im Stockinneren und sorgen mithilfe ihres Flügelschlagens für verdunstungsbedingte Abkühlung des Nistbereichs.

Aus der Zeitschrift „Včelařství“ (Imkerpraxis)
Jindřich Zejda, Fachlehrer für Bienenhaltung